86
Mit der ganzen Wildheit jener Zeiten brach nun der Haß der
Heiden in die grausamsten Verfolgungen gegen die Christen aus.
Den Anfang machte Kaiser Nero, der Muttermörder, eines der
größten Scheusale, von welchen die Weltgeschichte erzählt. Wir
haben schon früher gehört, daß er Rom anzünden ließ und die Schuld
davon auf die Christen schob. Eine Menge derselben wurden den
wilden Thieren vorgeworfen; Viele, und unter diesen selbst der
heilige Petrus, wurden gekreuzigt; der heilige Paulus wurde
mit vielen Andern durch das Schwert hingerichtet; noch Andere
wurden in Säcke genäht, die man mit Werg ausstopfte und von
außen mit Pech übergoß; so grub man sie in die Erde und zündete
sie an, um des Nachts den kaiserlichen Garten zu beleuchten (J34).
Nach Nero's schmachvollem Ende genossen die Christen unter
den Kaisern Vespasicm und Titus Ruhe, bis nach dem frühen
Tode des Letzteren dessen Bruder Domitian den Thron bestieg und
den Nero an Grausamkell noch zu übertreffen suchte. Der folgende
Kaiser Newa that den Christen Nichts zu leid, aber der auf ihn
folgende Kaiser Trajau glaubte die Christen schon aus Klugheit
verfolgen zu müssen, um sich bei dem Volk nicht verhaßt zu machen.
Unter seiner Regierung wurden Viele, die sich weigerten den Götzen
zu opfern, gemartert und getödtet, unter diesen auch die römischen
Bischöfe Clemens und Evaristus, der 120 Jahre alte Bischof
Simeon von Jerusalem, ein Anverwandter Jesu, und der heilige
Ignatius, Bischof von Alexandrien, ein Schüler der Apostel Pe-
trus und Johannes.
Der folgende Kaiser Hadrian milderte nach und nach die Ver-
folgung, die mehr durch die Bosheit der Statthalter, als nach des
Kaisers Willen noch fortdauerte. Unter feiner Regierung errangen
der heilige Eustachius mit seiner Gattin und seinen beiden Söhnen,
sowie Symphorosa mit ihren sieben Söhnen die Märtyrerkrone.
Unter dem Kaiser Antonius Pins, der dem vorigen im Jahre
138 n. Chr. folgte, genossen endlich die Christen eine längst ersehnte
Ruhe; aber schon im Jahre 161 begannen unter seinem Nachfolger
Marc Aurel, der sonst mit vielen trefflichen Eigenschaften begabt
war, die Christenverfolgungen mit erneuter Wuth, weil der Kaiser
glaubte, daß nur in dem Heidenthume für Rom Heil zu finden sei.
Statins, der Statthalter zu Smyrna, begann die Verfolgung,
indem er alle nur erdenkliche Martern gegen die Christen anwandte.
Er ließ unter andern auch den 86jährigen Greis Polykarp ns,
der seit 70 Jahren der Kirche von Smyrna als Bischof vorstand,
vor sich rufen und befahl ihm, den Götzen zu opfern und Jesum
zu lästern. Allein Polykarpus sprach: „Wie soll ich meinen Herrn
lästern, der mich selig gemacht hat?" — Der Statthalter drohte
ihm mit den furchtbarsten Qualen; allein Polykarpus blieb stand-
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Extrahierte Personennamen: Petrus Domitian Clemens Apostel Johannes Hadrian Antonius Marc_Aurel
Extrahierte Ortsnamen: Rom Jerusalem Rom Smyrna Smyrna
127
erschien die Bibel in lateinischer Sprache in drei Bänden vollständig
gedruckt, und ein Jahr später waren auch die Psalmen gedruckt zu
haben. Bald folgten Bibelübersetzungen nach, deren es schon vor
Luthers Zeit 14 in hochdeutscher und 6 in plattdeutscher Mundart
gab. Und nun war das Thor geöffnet, durch welches Bildung und
Unterricht in alle Welt hinaus strömten. Die Wissenschaften wur-
den immer mehr Gemeingut, was bald den entschiedensten Einfluß
auf die Cultur des Volkes äußerte und eine höhere Geistesbildung
für spätere Zeiten vorbereitete.
Eine andere, gleichfalls wichtige und folgenreiche Erfindung ist
die des Schießpulvers. Ein Franziskanermönch, B e r t h o l d
Schwarz, der um die Mitte des 14. Jahrhunderts zu Freiburg
in Baden lebte, beschäftigte sich gerne mit naturwissenschaftlichen
Versuchen. Als er nun einmal Schwefel, Salpeter und Kohlen in
einem Mörser stampfte und die Oeffnung theilweise mit einem Steine
bedeckt hatte, schlug er in der Nähe Feuer an, mit Stahl und Stein,
wie es damals gewöhnlich geschah. Da fuhr ein Funke in den nicht
vollständig bedeckten Mörser; die Masse entzündete sich und der Stein
flog mit einem fürchterlichen Knalle in die Höhe. Man kann sich
denken, wie der Mönch über dies unerwartete Ereigniß erschrocken
seyn mag! — Mit mehr Genauigkeit, aber auch mit viel mehr Vor-
sicht wiederholte er seine Versuche und machte sodann seine Erfin-
dung bekannt. Zuerst machte man mörserähnliche Röhren, bedeckte
sie mit großen Steinen oder schob diese in die Röhren hinein, worauf
man die Pulvermasse durch eine kleine, nahe am Boden ange-
brachte Oeffnung entzündete. Darauf verlängerte man die Röhren,
aus denen man Steine und später eiserne Kugeln von ungeheurer
Größe tausend Schritte weit schoß. So erfand man die Kanonen,
die zuerst zum Tragen eingerichtet waren, worauf man endlich auf
die Erfindung der Büchsen und Musketen kam, die man immer mehr
vervollkommnete, und die jetzt hauptsächlich, wie die Kanonen, im
Kriege angewendet werden, wodurch im Laufe der Zeiten eine völlige
Umgestaltung im Heer- und Kriegswesen entstanden ist.
51. Die Entdeckung Amerika's.
Eines der merkwürdigsten Ereignisse am Schluffe des Mittel-
alters ist die Entdeckung Amerikas, welche für diesen Erdtheil selbst,
so wie für Europa die wichtigsten Folgen hatte.
Schon in der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts hatten
die Portugiesen aus der Westseite Afrika's große Entdeckungen ge-
macht, welche einen kühnen Seemann, Christoph Columbus
(geboren zu Genua um das Jahr 1447), auf den Gedanken brachte,
daß ein bequemerer Seeweg nach Ostindien zu finden seyn müßte,
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161
Vierter Abschnitt.
Das Wichtigste aus der Naturlehre.
Nutzen der Naturlchre.
Ihr sollt nun, liebe Kinder, über die verschiedenen Kräfte
und Wirkungen der Naturkörper näher unterrichtet werden,
was euch, wie ich hofse, vielen Nutzen gewähren und manche Freude
bereiten wird. Ihr werdet dadurch die Weisheit, Allmacht und
Güte Gottes in höherem Grade kennen lernen, als dies durch die
bloße Betrachtung der erschaffenen Dinge möglich ist, und dieses
wird gewiß eure Ehrfurcht, eure Verehrung und eure Liebe gegen
den allmächtigen, liebevollen Schöpfer der Natur vermehren und eure
Herzen mit Glauben und Vertrauen zu dem großen Weltenvater
erfüllen, der da waltet mit unendlicher Macht und Weisheit in allen
Werken der Schöpfung.
Diejenige Wissenschaft, welche uns mit den Wirkungen und
Kräften der Naturkörper bekannt macht, nennt man die Naturlehre.
Durch dieselbe lernen wir auch die verschiedenen Naturkräfte vor-
theilhaft benützen; sie zeigt uns, wie wir uns gegen die schäd-
lichen Wirkungen mancher Naturerscheinungen schützen können, und
indem sie uns über die Entstehung mancher'sonst gefürchteten Er-
scheinungen näher unterrichtet, schützt sie uns auch vor Furcht und
Aberglauben.
Ehe wir uns aber mit den Naturerscheinungen selbst beschäf-
tigen, müssen wir die Eigenschaften der Naturkörper näher kennen
lernen.
1. Die allgemeinen Eigenschaften der Körper.
1) Wenn wir von einem Körper sprechen, so verstehen wir dar-
unter ein Ding, das durch einen oder mehrere Sinne wahrgenom-
men werden kann. Jeder Körper nimmt einen Raum ein und da-
her sagen wir, jeder Körper hat eine Ausdehnung.
2) In demselben Raume, den ein Körper einnimmt, kann nicht
zugleich auch ein anderer seyn. Läßt man einen Stein in ein ganz
mit Wasser gefülltes Glas hinein fallen, so wird so viel Wasser
heraus fließen, als der Stein Raum braucht. Schlägt man einen
Nagel in ein Brett hinein, so werden ihm die Holzfasern ausweichen,
Reiser, der Volksschüler i. d. Obcrklasse. 11
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164
2. Merkwürdige Beispiele von der ^Heilbarkeit der Körper.
Die meisten Naturkörper lassen sich in unglaublich feine Theile
zerlegen, wie dieses nachfolgende Beispiele beweisen:
In England hat man aus einem Pfund Wolle einen Faden
gesponnen, welcher 14 deutsche Meilen lang war. Rechnen wir nun
die deutsche Meile zu 24,000 Fuß, den Fuß zu 10 Zoll und einen
Zoll zu 10 Linien, und nehmen wir an, daß jede Linie dieses Fa-
dens nur in 10 Theilchen zerschnitten würde, so wäre derselbe in
336,000,000 sichtbare Theile getheilt worden. Ein Pfund Baum-
wolle lieferte einen Faden von 134,000 Ellen, welche eine Strecke
Weges von 11 ‘« Meilen betragen.
Ein einfacher Seidensadeu, wie er von der Seidenraupe kommt,
wiegt bei einer Länge von 360 Fuß nicht mehr als ein Gran (den
24osten Theil eines Lothes, ungefähr so viel als ein Gerstenkorn);
wie unendlich viele sichtbare Theile müßte man demnach aus einem
einzigen Loth Seide machen können!
Noch größer ist die Theilbarkeit der Färbestofse. L>o färbt man
z. B. mit einer Unze oder 2 Loth Cochenille*) 10 Unzen Seide
hinreichend roth. Eine Unze Seide giebt einen Faden von 130,000
Fuß Länge; jeder Seidenfaden ist mindestens aus 40 einfachen Fä-
den zusammengesetzt, und aus jedem fußlangen, einfachen oder Kokon-
faden kann man wenigstens 1000 Theile machen, die unter dem Ver-
größerungsglasc noch alle roth erscheinen; in wie viele sichtbare
Theile ist demnach eine einzige Unze dieser rothen Farbe zertheilt
worden!!
Durch ein gutes Vergrößerungsglas oder Mikroskop kann man
sich überzeugen, daß der Faden einer Spinne aus 6000 andern
Fäden bestehe, daß der Schimmel am Brode ein Wald von
lauter Gewächsen und mit Thieren bevölkert sei, und daß ein Tropfen
Wasser oder Essig eine merkwürdige Anzahl von Thierchen enthalte,
die alle mit Schnelligkeit sich in ihrem Elemente bewegen. Jedes
dieser Thierchen nimmt Nahrung zu sich, und es muß gewiß unsere
Bewunderung erregen, wenn wir bedenken, wie sein die Nahrungs-
theile seyn müssen, die geeignet sind in die zarten Gefässe dieser Thier-
chen aufgenommen zu werden!
Der Moschus, ein bekanntes sehr kostbares Arzneimittel, das
wir von einem niedlichen Thiere aus dem südöstlichen Asien erhalten,
erfüllt, ohne etwas Merkliches von seinem Gewichte zu verlieren, ein
Zimmer Jahre lang mit seinem Dufte. Wir wissen nun, daß die
*) Die Cochenille (sprich Koschenill) $ ein kleines Insekt, das besonders
in Mexiko auf mehreren Cactus-Arten lebt, eine feine, rothe Farbe giebt und
daher ein wichtiger Handelsartikel ist.
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169
weßhalb man dieselben, im Gegensatz zu den früher kennen gelernten,
besondere Eigenschaften nennt.
Wachs läßt sich zusammendrücken, es ist also zusammen-
drückbar; Leder läßt sich auseinander strecken und ist demnach
ausdehnbar, und weil es dabei nicht leicht zerreißt, so nennen
wir es auch zähe. Fischbein und dünne Stäbe von manchen Holz-
arten lassen sich biegen ohne zu zerbrechen; sie sind also biegsam.
Diese Eigenschaft finden wir z. B. an einem Streifen von Glas,
an einer Siegellackstange oder Kreide nicht, und daher zählen wir
diese zu den spröden Körpern.
Ein mit Roßhaaren gepolsterter Sessel läßt sich bedeutend zu-
sammendrücken, nimmt aber seine vorige Gestalt wieder an, sobald
der Druck aufhört. Gummi elastikum kann man ebenfalls aus-
dehnen und es zieht sich nachher wieder zusammen. Diese Eigenschaft
nennt man Elasticität oder Federkraft, weil man sie vorzüg-
lich an den Federn von Uhren und Schlössern wahrnimmt.
Das Glas läßt die Lichtstrahlen durch sich hindurchfallen und
durch das Fenster sehen wir deutlich, was auf der Straße geschieht;
das Glas ist also durchsichtig. Wären aber die Fensterrahmen
mit Papier anstatt des Glases ausgefüllt, so würden wir wohl etwas
Helles gewahr werden, aber nicht sehen können, was auf der Straße
vorgeht; daher nennen wir Papier nicht durchsichtig, sondern
durchscheinend.
Wenn die Theile eines Körpers wenig Zusammenhang haben
und diesen leicht verlieren, also leicht getrennt werden können, wie
dies bei Wasser, Oel und ähnlichen Dingen der Fall ist, so nennen
wir sie flüssig. Ausdehnbare Flüssigkeiten, wie z. B.
Dämpfe, breiten sich, wegen ihrer Leichtigkeit, gewöhnlich nach
oben aus, wenn ihnen kein Hinderniß entgegen steht; auch lassen sie
sich in einen kleinern Raum zusammenpressen und dehnen sich nach-
her wieder in den vorigen oder einen noch größern Raum aus.
Auf dieser Eizenschast.beruht die große Kraft der Dampfmaschinen,
welche z. B. auf Dampfschiffen oft so hoch gesteigert wird, daß sie
der Kraft von mehreren hundert Pferden gleichkommt.
6. Dampfmaschinen und Eisenbahnen.
In einem offenen Gefässe kann Wasser nur bis zur Siedhitze
erwärmt werden. Wenn man aber Wasser in einem geschlossenen
Gefässe» erwärmt, so daß die gebildeten Dämpfe nicht entweichen
können: so nimmt die Hitze des Wassers immer zu, und die ein-
geschlossenen Dämpfe nehmen eine große Spannkraft an, er-
reichen endlich eine furchtbare Stärke und werden bei den Dampf-
maschinen angewendet. Die Wirkung einer Dampfmaschine ist
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75
gerungen zu haben, hoffte er auch dasselbe dort in vollem Maaße
zu genießen. Erschütternd dagegen sind die Ausdrücke und Bilder,
in welchen er von der Unseligkeit der Bösen spricht, die durch
Laster aller Art befleckt sind und hinabgezogen werden in die Woh-
nungen der Qual, um durch Strafen gebessert und geläutert zu wer-
den oder um der Gerechtigkeit genug zu thun.
• Die innere Würde der Tugend malte Sokrates mit den an-
ziehendsten Farben. Für einen seligen Zustand der Freiheit erklärte
er die Herrschaft über die sinnlichen Triebe, — sagte, daß nur die
Tugend wahre Weisheit sei und behauptete, daß Lasterhaf-
tigkeit sich von dem Zustande des Wahnsinns durchaus nicht
unterscheide. Unrecht thun hielt er für das größte Uebel. Dabei
erklärte er es für Pflicht, auch gegen Feinde Gerechtigkeit zu üben
und in keinem Falle die Gesetze des Vaterlandes zu übertreten, selbst
dann nicht, wenn dieselben auf eine ungerechte Art angewendet würden.
Zu allem diesem kam das eigene vortreffliche Beispiel des edlen
Mannes, welches so sehr über allen Tadel erhaben war, daß sein
Freund und Schüler Xenophon von ihm behauptete, Niemand
habe je etwas Gottloses oder Frevelhaftes von ihm gesehen, und
darum halte er ihn für den vortrefflichsten, aber auch für den glück-
seligsten Menschen.
Allein trotz seiner reinen und erhabenen Grundsätze und unge-
achtet seines untadelhaften Lebens wurde der edle Greis in seinem
70sten Jahre durch Feinde und Neider angeklagt, daß er die
Götter verachte, Irrlehren verbreite und die Jugend
verführe. Sokrates, im hohen Bewußtseyn seiner moralischen
Würde, verschmähte es, sich gegen diese Beschuldigungen weitläuffg
zu vertheidigen. Den Tod fürchtete er nicht und seine Richter konnte
er nicht achten. Uebrigens glaubte er, daß sein ganzes Leben das
sprechendste Zeugniß seiner Unschuld seyn müsse. Nur kurz und mit
edlem Stolze suchte er die Nichtigkeit der ihm gemachten Anschul-
digungen darzulegen. Ein großer Theil der boshaften und verblen-
deten Richter ward dadurch beleidigt und man vernrtheilte ihn mit
einer Mehrheit von nur 3 Stimmen zum Tod.
Seine Schüler und Freunde waren untröstlich bei dem Ge-
danken an den Verlust des geliebten Lehrers; allein an ihm selbst
bewährte sich die Kraft eines religiösen und moralischen
Sinnes, sowie die himmlische Gewalt eines reinen Bewußt-
seyns. Er tröstete seine Freunde und bestärkte sie im Guten durch
Lehren, die er ihnen selbst noch im Kerker ertheilte. — Einer seiner
Schüler, Simmias von Theben, wollte so viel Geld hergeben,
als nöthig war den Kerkermeister zu bewegen, Sokrates entfliehen
zu lassen, allein ohne seine Einwilligung durften seine Freunde na-
türlich Nichts unternehmen. Einer derselben, der treue, alte Krito n,
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186
Mondes wie ein Spiegel auffangen können, so erblicken wir diese
Himmelskörper doppelt oder gar dreifach, was man Nebensonnen
und Nebenmonde nennt.
Zu der Entstehung der feurigen Naturerscheinungen geben die
Elektricität, ölige und schweflige Dünste und verschiedene Gase, die
sich in der Luft sammeln, Veranlassung.
Dieirrwische, Feuerkugeln und fliegenden Drachen
entstehen meistens in sumpfigen Gegenden und auf Gottesäckern, wo
sich aus faulenden Körpern Kohlenwasserstoffgas entwickelt, das sich
selbst entzündet, wenn es mit der gemeinen Lust in Berührung kommt.
Sie werden, wegen ihrer Leichtigkeit, von der Luft schnell hin- und
hergetrieben und haben furchtsame, abergläubische Leute schon oft in
große Angst versetzt.
Das Nordlicht ist für die Bewohner nördlicher Gegenden
eine besonders große Wohlthat, denn cs erhellt ihre langen Nächte
aus eine merkwürdige Weise. — Aus einer dunkeln Wolke steigen
flammende Strahlen auf, welche sich weit verbreiten und sich oft
schnell zurückziehen, um sogleich wieder hervorzuschießen. Diese pracht-
volle Erscheinung nimmt oft einen großen Theil des Himmels ein
und erhellt die Nacht durch ein wundervolles Licht. Es ist eine
Wirkung der Elektricität, die dort in großer Menge vorhanden ist
und sich der Erde niemals mittheilen kann, weil sie stets mit einer
Eisrinde bedeckt ist, welche die Weiterleitung hindert.
Von der Entstehung der Gewitter haben wir schon früher
gesprochen, und andere Naturereignisse habt ihr schon durch euer
früheres Lesebuch in der Mittelklasse kennen gelernt. Zwei der pracht-
vollsten Erscheinungen sollen jedoch in Folgendem näher beschrieben
werden.
17. Die.wasserhose.
Die Wasserhose ist eine der großartigsten und furchtbarsten
Naturerscheinungen auf dem Meere. Sie zeigt sich häufig an der
Westküste von Afrika, so wie in der Nähe von Neuholland. Man
sucht den Entstehungsgrund dieser Erscheinung in dem elektrischen
Zustande der Atmosphäre, was besonders durch den Umstand Wahr-
scheinlichkeit erhält, daß sie nur bei warmer Witterung sich zeigt, in
der Regel von starken Blitzen begleitet ist, und daß in der Wasser-
säule selbst gewöhnlich ein elektrischer Lichtschein wahrgenommen wird.
Die Wasserhose bildet sich nicht immer auf die gleiche Weise,
doch ist. der Vorbote derselben gewöhnlich eine vollkommene Wind-
stille; dichtes Gewölk steigt am Himmel auf, und es bildet sich all-
mählig auf der Oberfläche des Meeres ein weißlicher Fleck, aus
welchem endlich eine Wassermasse, bald als trichterförmige Röhre,
bald in Gestalt eines Kegels aufsteigt, zu welcher sich eine andere
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190
die Regentropfen hinter einander in beständigem Fallen sind und die
Farben von immer neuen Tropfen gebildet werden; aber wir nehmen
diesen Wechsel nicht wahr, weil in die Stelle eines jeden fallenden
Tropfen wieder ein anderer tritt.
Steht man auf einer weit über den Horizont erhabenen Höhe,
oder der Regenwolke nahe genug, so erscheint der Regenbogen als
ein völlig runder Kreis. Je tiefer die Sonne des Morgens oder
am Abend steht, desto kleiner erscheint aus der Erde der Regenbogen;
je höher sie sich aber am Himmel erhoben hat, desto größer zeigt
sich uns das Stück vom Regenbogen.
Uns muß es genügen, die Werke unseres Schöpfers mit An-
betung und Bewunderung seiner Größe zu betrachten, wenn es'un-
serm schwachen Verstände auch nicht vergönnt ist, das Wie und
Warum zu begreifen. Das soll uns demüthig und bescheiden machen,
daß wir mit unserer Kinderweisheit nicht Prahlerei treiben,' denn
wie wenig ist das, was wir wissen, gegen das, was
wir nicht wissen! —
Fünfter Abschnitt.
Bilder und Beschreibungen aus der Naturgeschichte.
Ein großes, schönes Buch ist die Natur! •—
Von Gottes eig'ner Hand geschrieben
Zeigt jedes Blatt der ew'gen Güte Spur,
Und lehrt uns glauben, hoffen, lieben.
So lese Jeder, lese oft und viel
In diesem großen Meisterwerke!
Gewiß, dies Lesen führt zum Weisheitsziel,
Und giebt zu allem Guten Stärke.
1. Der Panther.
Am Kap hatte einer der Colonisten einen großen lebendigen
Parder gefangen und machte dies allen seinen Freunden bekannt, die
sich dann nach Landessitte an einem bestimmten Nachmittage in großer
Zahl bei ihm versammelten, um das Thier zu beschauen und Zeu-
gen von seinem Kampfe mit den Hunden zu seyn, die es zu Tode
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284
. Verkauf von Waaren aller Art. Diese Stadt ist der Mittelpunkt des
deutschen Buchhandels und zählt selbst über 120 Buchhändler. Es
erscheint wohl nirgends ein Buch, das nicht hier zu haben wäre.
Zur Meßzeit versammeln sich hier viele Hundert Buchhändler aus
allen Ländern in dem schönen Buchhändler- und Börsengebäude, wo
sie mit einander abrechnen. Leipzig ist auch geschichtlich merkwürdig
geworden durch die Schwedenschlacht 1631, noch mehr aber durch die
große Völkerschlacht gegen Napoleon 1813. Die Eisenbahn zwischen
Leipzig und Dresden gehört zu den befahrensten in Deutschland.
Als bedeutende Fabrifftädte sind zu nennen: Chemnitz, Bau-
tzen, Plauen und Reichenbach mit wichtigen Wollenwebereien.
In Schwarzenberg ist eine Drahtzieherei, in welcher Draht von
solcher Feinheit erzeugt wird, daß ein Zentner Eisen 582,000 Ellen giebt.
Vii. Die thüringischen Länder.
Diese Länder, von denen immer eines durch das andere, sowie
durch sonstige kleinere Länder und Gebietstheile in mehrere Stücke
zerschnitten wird, liegen im Herzen Deutschlands, und es ist eine
große Aufmerksamkeit erforderlich, um dieselben genauer kennen zu
lernen. Sie bilden die langschmale Gebirgslandschaft Thüringens,
deren Boden wenig ergiebig ist und nur Kartoffeln, Flachs und
Holz hervorbringt, jedoch schöne Weiden hat. Die tiefern Thäler
und niederen Gegenden haben dagegen eine mildere Luft und frucht-
baren, wohlangebauten Boden. Der Thüringerwald, ein 15 Mei-
len langes Gebirg, zieht durch diese Länder hindurch, die sich von
Westen nach Osten folgendermaßen an einander anreihen:
1) Das Herzogthum Sachsen Meiningen-Hildburghausen
mit der Hauptstadt Meiningen.
2) Das Herzogthum Koburg-Gotha mit der Residenzstadt
Koburg.
3) ' Das Großherzogthum Weimar mit der gleichnamigen
Hauptstadt.
4) Das Herzogthum Sachsen-Altenburg mit der Residenz-
stadt Altenburg.
Zwischen diesen vier sächsischen Herzogthümern liegt
5) Das Fürstenthum Schwarzburg-Rudolstadt, und nörd-
lich von demselben, im Umfang der preußischen Provinz Sachsen,
breitet sich
6) Das Fürstenthum Schwarzburg-Sondershausen aus.
Weiter gegen Süden, im Osten an das Königreich Sachsen
grenzend, stnden wir die Fürstenthümer
7) Reuß-Greitz und
81 Reuß-Schleiz mit den gleichnamigen Hauptstädten.
TM Hauptwörter (50): [T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
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234
Siebenter Abschnitt.
1. Die wichtigsten Vorschriften über ein höfliches und
wohlanständiges Betragen.
Wohlanständigkeit, Feinheit der Sitten und eine ge-
wisse äußere Anmuth zeugen von einem gebildetengeiste und
veredelten Herzen, wogegen Rohheit, Plumpheit und un-
anständiges Betragen sichere Kennzeichen einer vernachläs-
sigten Geistes- und Herzensbildung sind. Nur ein ver-
ständiges, gesittetes und wohlanständiges Betragen ist geeignet, uns
den Beifall und das Zutrauen unserer Mitmenschen zu erwerben
und zu erhalten, und weil hievon größtentheils unsere nützliche Wirk-
samkeit abhängt, so ist es dringende Nothwendigkeit, daß wir auf
unser Betragen die größte Aufmerksamkeit und Sorgfalt verwenden.
Allerdings machen unsere äußere Sitten nicht unsern innern Werth
aus, allein wir setzen hier voraus, daß auch unser Inneres, unsere
Denkungsart und unsere Grundsätze mit unserem äußeren Betragen
im Einklänge stehen.
Merken wir uns also folgende Regeln:
1) Reinlichkeit ist das erste Erforderniß des sogenannten
körperlichen Anstandes, denn es ist ein Beweis der Achtung, die wir
gegen Andere hegen, wenn wir reinlich und sorgfältig gekleidet vor
ihnen erscheinen und Alles von uns ferne halten, was Widerwillen
oder sogar Eckel erregen könnte. Man wasche daher täglich Hände,
Gesicht, Hals und Brust, reinige die Zähne, kämme die Haare und
beschneide, so oft es nöthig ist, die Nägel. Nie aber verrichte man
diese Geschäfte in Gegenwart von Andern. Immer sei man mit
einem Taschentuch versehen, vermeide aber, wenn man sich desselben
bedienen muß, ein zu großes, unangenehmes Geräusch. Muß man
den Speichel auswerfen, so sehe man sich nach dem Spuckkästchen
um oder bediene sich unbemerkt des Taschentuches hiezu. Daß es
unanständig ist, in Gegenwart von Andern in der Nase oder in den
Ohren herumzufahren und an den Nägeln zu kauen, braucht kaum
erwähnt zu werden.
2) Hat man Besuche zu machen, so versteht es sich von selbst,
daß man sorgfältig gekleidet und mit wohlgereinigten Schuhen in
ein fremdes Haus geht. Ehe man in das Zimmer tritt, klopft man
mit dem Finger an und wartet, bis man herein gerufen wird. In
vornehmen Häusern lasse man sich durch einen Diener melden. In
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